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Alten Eltern gerecht werden - eine Herausforderung

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Ihr Lieben,

jeder, also auch ich, wird früher oder später mit ähnlichen Problemen konfrontiert. Meine Eltern sind schon lange tot und ich bin mit meinen 66 Jahren schon selbst "eine alte Mutter". Ich habe meine Mutter damals fast abgelehnt, so wenig konnten wir miteinander anfangen. Meine Mutter war viele Jahre krank gewesen und hatte in den letzten Jahren ihres Lebens mit schwersten Depressionen zu kämpfen. Sie machte meinem schwer kranken Vater und jedem, der mit ihr zusammengeriet, das Leben schwer. Ich verstand sie damals überhaupt nicht. Da meine Mutter immer schon schwierig war, bemühte ich mich lebenslang, nicht so wie sie zu sein bzw. zu werden. Ich versuchte, lieb mit ihr umzugehen und hatte auch Mitgefühl ihr gegenüber, obwohl ich sie nicht verstand. Heute weiß ich, dass meine Mutter in Wirklichkeit meine Lehrmeisterin war. Heute, viele Jahre nach ihrem Tod, verstehe ich sie viel besser.

Ich glaube, Sylvi, dass das Verhalten deiner Mutter dir etwas sagen soll. Nicht ihr Verhalten an sich, sondern deine Sorgen, dass du dich ihr gegenüber nicht richtig verhältst, dass sie keinVorbild mehr für dich ist. Versuche, herauszufinden, warum du diesen Kummer hast und liebe sie dann bedingungslos weiter.

Noch gestern habe ich meine Kinder gefragt, ob sie den engen Kontakt mit mir als Mutter und meinem Mann, dem Vater, weiterhin wünschen.

Und - ich durfte innerlich aufatmen, sie wünschen engen Kontakt mit uns, fühlen sich in unserem Beisein wohl, ungeachtet dessen, dass vornehmlich meine Tochter mein Verhalten selten akzeptiert (aber ich habe dich trotzdem lieb, ist ihr Ausspruch dann immer)

Euch allen liebe Grüße

Annette

 

 

 

 

Liebe Annette,

ist schon interessant, die Erfahrungen jedes Einzelnen zu lesen. Ich glaube, die Kinder sind noch ein eigenes Thema, da könnte ich auch einiges beitragen mit meiner Tochter, meinen Enkelkindern. Ich war eine recht junge Mutter und meine Tochter ist inzwischen 41.

Ich glaube, in den Alter, in dem wir uns jetzt befinden, ist es für unsere Kinder noch leicht, mit uns umzugehen, sie empfinden uns als Stütze und nicht als Last. Vielleicht sogar an der einen oder anderen Stelle als Ratgeber. Wie mag es uns in 30 Jahren gehen? Was leisten wir dann noch und schaffen wir es auch durch Reiki, in unserer Mitte zu bleiben? Sind wir damit angenehme Partner für unsere Kinder und Enkel?

Ich hatte heute Nachmittag wieder eine schon häufig geführte Diskussion mit Mama mit dem Inhalt, ich können mich in sie nicht hineinversetzen. Ja, sachlich richtig, ich bin ja nicht 92. Aber kann sie sich in mich reinversetzen? Sie hatte keine 92 jährigen Mama zu betreuen und hat kein krankes Enkelkind. Hierin sehe ich ein Problem. Alte Menschen sehen sich auf Grund der Erfahrung überlegen, aber auch ein Rückblick auf das Leben, das man hinter sich hat, erlaubt es nicht, zu sagen, ich weiß wie das geht, ich habe es hinter mir.

Meine Tochter ich Mama, aber was bringt da ein Vergleich mit meiner Zeit als junge Mama? Nichts. Die Zeiten sind viel viel schwerer geworden als damals, die Belastungen an junge Eltern, der Stress, den sie sich selbst machen, ob nun gerechtfertigt oder nicht, der Druck der Arbeitswelt ist heute ein komplett anderer. Ich kann also kaum sagen, dass ich ihre Situation nachvollziehen kann, maximal kann ich sie erahnen.

Sylvi

Liebe Sylvia,

das Elternthema – speziell das Mutterthema – löst auch bei mir starke Emotionen aus.
Meine Mutter, die auch bei uns im Haus wohnte, ist 1992 kurz nach ihrem 80. Geburtstag nach 6wöchigem Krankenhausaufenthalt nach einem Schlaganfall gestorben. Da ihr Ableben nicht unbedingt vorhersehbar war, hatte ich bereits die Musikschule, an der ich unterrichtete, informiert, dass ich meine Tätigkeit aufgeben würde, um meine kranke Mutter zu pflegen. Ich habe damals gar nicht weiter darüber nachgedacht, welche Konsequenzen dies mit sich bringen würde. Meiner Mutter habe ich dann gesagt, dass mein Mann und ich zu Hause ein Krankenbett aufgestellt hätten und sie nun wieder zurück in ihre Wohnung könnte. Von da an ging eine Veränderung mit ihr vor.
Als ich am Abend ihres 80. Geburtstages an ihrem Bett im Krankenhaus saß, sagte sie mir Dinge, die für mich intuitiv den Schluss zuließen, dass meine Mutter sterben würde. Genauso geschah es.
Ich war froh, ihr gesagt zu haben, dass ich für sie da wäre. Gleichzeitig war ich aber auch dankbar, dass das Schicksal es anders gemeint hatte.
Erst einige Zeit nach ihrem Tod habe ich mich mit ihr mental auseinandergesetzt, da unser Verhältnis eher etwas sachlich war. Sie war verhärtet, weil sie immer stark sein musste. Ich konnte ihr die Liebe, wie sie sie gern gehabt hätte, so nicht geben.
Reiki hat mir geholfen, dass ich meine Mutter nun immer in meinem Herzen liebevoll bei mir trage, endlich ohne Schuldgefühle, innerlich frei.

Meine 93jährige Schwiegermutter, mit der wir 45 Jahre in einem Haus gelebt haben, ist seit 1 ½ Jahren in einem 3 km entfernten Heim. Sie hat diese Entscheidung selbst gefällt. Ihren Vorstellungen und Erwartungen konnten wir nicht entsprechen. Nach einer Vergebungsmeditation  ist unsere angespannte Verbindung aus meiner Sicht innerlich viel loser geworden. Ich lerne zu entscheiden, was ich zulasse – leider noch nicht ganz frei -. Trotzdem bleibt es ein immerwährender Spagat.

Wir müssen anerkennen, dass wir nicht allen, weder den Eltern, unseren Kindern und uns selbst immer gerecht werden können. Wir sollten versuchen, immer wieder in unsere Mitte zu kommen.
So können wir Kraft tanken, um der nächsten Herausforderung zu begegnen.
 Anerkennen und annehmen, was ist – leicht gesagt, aber schwer getan.

Alles Liebe und immer wieder neue Kraft

Christine

Liebe Christine,

danke auch für deine Antwort. Du bringst ja jede Menge Erfahrungen in dem Thema mit mit Mama und Schwiegermama, beide hochbetagt. Mama durfte gehen und du konntest sie dabei unterstützen. Schwiegermama hat den Schritt ins Heim selbst beschlossen, dann geht es auch. Man möchte ja dem alten Menschen so lange es geht die häusliche Umgebung erhalten. Aber du hast Recht, wir müssen in unserer Mitte bleibe, weil wir sonst auch keine Kraft haben, etwas zu geben.

Den Spagat lebe ich zur Zeit auf allen Fronten. Für Mama habe ich ein neues Kartenspiel gekauft, dass speziell zur Aktivierung von Älteren entwickelt wurde mit Fragen zum Alltag, zu Reimen, mit Rätseln und kleinen Bewegungen. Das hat heute richtig Spaß gemacht, weil sie sich gefreut hat, sich doch noch an Dinge zu erinnern, die sonst eigentlich weg sind.

Töchterchen bat auch um mehr Unterstützung, da sind wir aber nächste Woche schon 3 Tage. Vielleicht muss man dann auch mal egoistisch sein und sagen, nein, dieses Wochenende nicht? Ist nicht immer so ganz einfach.

Sylvi

Liebe Sylvia,

auch den Spagat die Kinder betreffend habe ich manchmal als sehr schmerzhaft empfunden. Sohn und Schwiegertochter wohnen mit unseren beiden Enkelinnen ca. 270 km entfernt und sind dort auf sich gestellt. Da kann man nicht mal eben kommen um zu babysitten. Trotzdem hat man ein schlechtes Gewissen, ist sich nicht sicher, ob man genug getan hat oder zu egoistisch denkt.    Wir haben Angst, weniger geliebt zu werden, wenn wir den Erwartungen anderer nicht immer gerecht werden. Aber werden wir uns damit gerecht?

Ich habe bereits ziemlich heftige körperliche Einschränkungen und versuche, diese mit mir zur Verfügung stehenden Mitteln so gut es geht zu lindern. Ich bemühe mich aber, es soweit wie möglich mit mir allein auszumachen. Das man da manchmal an seine Grenzen kommt, ist doch auch menschlich. Und dann, denke ich, haben wir auch das Recht, diese Grenzen zu verteidigen - zum höchsten Wohle ALLER.

Ich wünsche dir, dass du beim Spagat, egal in welche Richtung, zwar Grenzgängerin aber nicht Grenzüberschreiterin sein kannst.

Liebe Grüße

Christine

Liebe Sylvi,

 

ich war lange nicht mehr da. Dieses Thema spricht mich an, da ich meine Mutter mein halbes Leben lang betreut habe. Nicht weil sie krank war, sondern weil sie einsam und traurig war. Obwohl sie verheiratet war. Naja. Geht wohl vielen Menschen so. Als junger Mann habe ich manchmal gehadert und mir eine Mutter gewünscht die mir zeigt, wie man ein Leben anpackt. Hat sie nie so gemacht wie ich mir dies gewünscht habe. Aber das ist auch wichtig für mich, da ich lernte, Stück für Stück, mir immer mehr selber zuzutrauen. Hier fängt für mich dann Befreiung an. Ich kann andere Menschen lassen, begleite sie dennoch gerne, versuche aber Wünsche in meinem eigenen Leben umzusetzen. Vieles geht, manches nicht. Noch nicht? Mal schauen. Mit meinem Vater ist es anders. Er war immer schon abwesend, also zumindest emotional. Dennoch wollte ich auch ihn in meine Nähe holen. Es war aber ganz deutlich, dass er nicht wollte. Naja, heute haben wir Distanz und die stimmt für mich auch. Und heute frage ich mich manchmal, wie meine Kinder mich wohl einmal sehen werden.

Lieber Andreas,

danke für deine Antwort. Ja, dieses Gefühl, dass alte Menschen zunehmend einsam und trauriger werden, selbst, wenn sie wie meine Mama, das Glück haben , im Haus der Kinder zu leben, das erlebe ich auch. Meine Mama war früher ein optimistischer Mensch. Aber seien wir doch mal ehrlich, wie viel Zeit verbringen wir wirklich zusammen und wie viele Stunden sind sie allein?

Leider kann ich das nicht leisten, was sich Mama an Nähe und Zuwendung wünschen würde. Und vielleicht sind wir auch als Kinder dazu nicht verpflichtet? Mama hat noch ein paar Mailkontakte, mit denen sie sich austauscht, aber ansonsten ist sie darauf angewiesen, dass wir sie rausholen und mit ihr etwas unternehmen. Ob es der Spaziergang am Morgen ist, die gemeinsame Tasse Kaffee oder die wöchentliche Fahrt zum Einkaufen. Oder mal ein Event am Wochenende.

Alles zu wenig, ich weiß. Aber mehr kann ich nicht.

Sylvi

Hallo Sylvi,

du tust schon genug für deine Mutter, alte Menschen sind nicht der Mittelpunkt im Leben der jüngeren. Jeder ist  Mittelpunkt seines eigenen Lebens.

Wenn du bei ihr bist und dich immer wieder Misserfolgserlebnisse plagen, weil du nicht mehr den Menschen aus ihr machen kannst, der sie einmal war, wird sie dies fühlen, wenn nicht bewusst dann mit den inneren Sinnen. Widme ihr etwas Zeit jeden Tag, falls es dir möglich ist und versuche, optimistisch und fröhlich in ihrer Gegenwart zu sein. Deine Mutter scheint geistig wirklich fit zu sein, wenn sie mailen kann. Dann gib ihr auch Eigenverantwortung zurück.

 

Schönen guten Morgen Sylvi,

ich habe mir eigentlich immer nur gewünscht, dass meine Mutter glücklich ist. Einfach nur, weil sie es verdient hätte. Sie war wirklich ein liebevoller Mensch, der immer für andere da war. Ich möchte auch die ganze Verantwortung dafür weglassen. Ich war es nicht. Sie hat es auch nicht gefordert. Aber der Wunsch war da. So wie ich es heute auch meinen Kindern wünsche. Ob sie es werden, weiß ich nicht. Liegt auch nicht mehr in meiner Hand. Es gibt so vieles, was ich nicht so gut finde. Aber das wird immer weniger meine Sache. Ich muss erst einmal schauen, wie ich alles selber hinbekomme. Da habe ich auch noch genug zu tun. 🙂

Lass es Dir gutgehen

Andreas

Hallo liebe Sylvi,

es hat mein Herz sehr stark berührt, all diese Beiträge zu lesen. Ja, jeder wird irgendwann mit diesem Thema konfrontiert. Mein Vater starb mit 75  vor 20 Jahren zu Hause an Blasenkrebs. Meine Mutter kümmerte sich aufopferungsvoll um ihn und tröstete all ihre Kinder, als er von uns ging. Nun war sie allein und meisterte ihr Leben so gut sie konnte. Wir ließen sie an unserem Leben teilhaben. Meine Schwester aus Eberswalde holte sie jeden Weihnachten zu sich. Und meine älteste Schwester aus Berlin besuchte sie regelmäßig. Meine jüngste Schwester, die so wie ich, noch in Rostock wohnt, konnte meine Mutter immer gut belustigen und beschäftigen. Ich habe mich zum Schluss um ihren Haushalt gekümmert, bin mit ihr spazieren gegangen, auch mal zum Arzt. Wir haben auch Ausflüge mit ihr unternommen, z. B. mal nach Kopenhagen, Schwein, Wismar ... Solange sie noch konnte, kam sie jeden Sonntag zum Mittagessen zu uns. Ich wohnte nur 7 Hausnummern entfernt von ihr. Wir haben das Glück so viele zu sein, so dass sich alles auf mehrere Schultern verteilte. Im letzten Jahr  vor ihrem Tod wurde es dann schwieriger. Sie wurde schwächer, stand nur noch sehr selten auf. Für mich war das alles eine sehr große Herausforderung und ich wurde immer unzufriedener. Auch nahm ich die Stimmungen meiner Mutter, die mit sich selbst auch nicht mehr zufrieden war, voll auf, weil ich so feinfühlig bin. Irgendwann kam es mir so vor, als ob ich nicht mein Leben lebte.  Ich fragte mich oft, wo komme ich eigentlich noch in meinem Leben vor. Es hat mir körperlich nichts ausgemacht, noch einen zweiten Haushalt zu führen. Da meine Mutter an anfänglicher Demenz litt, hörte ich mir jeden Tag die gleichen Geschichten an und steter Tropfen hölt den Stein. Irgendwann konnte ich sie nicht mehr hören. Wenn mir alles zuviel wurde, kam mir eine meiner Schwestern zu Hilfe und ich konnte dann mal eine Verschnaufpause machen. Meine Mutter ist 93 Jahre alt geworden. Nach einem Kreislaufkollaps kam sie ins Krankenhaus, wo sie am Darm operiert wurde, und anschließend ins Heim. Die letzte Zeit kümmerten sich meine älteste Schwester und ich um unsere Mutter. Wir waren jeden Tag 8 - 10 Stunden im Krankenhaus und im Heim, wo wir mit unserer Mutter noch eine schöne Zeit verlebten, bis sie heimging.  Wir dankten uns für alles und konnten einander auch noch alles verzeihen. Die Mutter meiner Mutter wurde auch nur 56 Jahre. Ich habe sie nie kennengelernt. Ich kenne so gut wie kein Oma Opa Verhältnis. Wie sollte meine Mutter wissen, wie es mir ging immer einen Spagat zwischen meinem Partner, meinen Kindern und Enkeln und ihr zu machen. Ich bin der Meinung, jeder gibt zu jeder Zeit immer sein Bestes. Mehr konnte auch ich nicht geben und ich habe weißgott nicht alles richtig gemacht. Sorgen und Schuldgefühle entziehen uns Energie. Jeder gibt immer das, was er kann und du, liebe Sylvi, hast viel Gutes in die Welt gebracht. Keiner macht alles richtig und vielleicht auch nicht genug. Wichtig ist nur, dass man es mit Liebe macht. Mein Lebensmotto ist: Forever Young! Ich will gesund und munter alt werden. Es ist ein kollektiver Glaubenssatz, dass wir im Alter dement und gebrechlich werden. Das was wir glauben, bekommen wir! Früher habe ich immer alles an mich gerissen, heute helfe ich nur noch, wenn ich gefragt werde. Seit dem ich die Reiki-Energie in mir trage, ist mein Leben wieder freudvoller und zufriedener geworden, was sich auf die gesamte Familie auswirkt.

Elke

 

 

 

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