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Wenn Kinder sich von uns abwenden

Ihr Lieben,

heute kam die Einladung für meinen Mann zum 7. Geburtstag unserer Enkeltochter zu kommen, ich wurde wieder nicht eingeladen. Es tut mir immer wieder sehr weh, soll es ja wahrscheinlich auch. Das ganze zieht sich jetzt seit mehr als einem Jahr hin.

Ich will das hier auch gar nicht im Detail ausbreiten, was ohnehin schon sehr traurig ist. Was kann eigentlich die Beziehung von Eltern und Kindern zerbrechen lassen? Aus meiner Sicht nur ein Hintergehen des anderen, das Verbreiten von Unwahrheiten über den anderen. Das hat auch eine Zeit die Beziehung zu meiner Mama belastet, aber für mich war selbst das eines Tages zu überwinden und ich konnte ihr all die Liebe und Dankbarkeit zeigen, die ich für sie empfunden habe.

Wie geht es Euch, erwarten Eure Kinder eine lebenslange Fürsorge, auch wenn sie selbst Kinder haben? Erwarten sie, dass ihr euer Leben weiterhin der Familie opfert, wie ihr es ja die ganzen Jahre getan habt? Spielt ihr auch jenseits der 60 brav eure Rollen weiter oder kam auch bei euch der Punkt, wo ihr erkannt habt, dass es nun endlich mal Zeit ist, das eigene Leben zu leben? Und wie haben eure Kinder darauf reagiert?

Ich bin gespannt auf eure Berichte.

Liebe Grüße

Sylvia

Liebe Sylvi,

das habe ich auch alles schon durch und das mehrere Male. Ich habe ja drei Kinder. Und alles ging über einen längeren Zeitraum. Bei meiner Tochter ist es schon mehrere Jahre her, wir hatten immer Diskussionen wer recht hat oder nicht. Sie wollte immer Recht haben und nur ihre Meinung war richtig aus meiner Sicht natürlich. Sie hat mir ständig Dinge aus der Vergangenheit vorgeworfen, die ich natürlich nicht mehr ändern konnte. Und so haben wir uns in mehreren Abschnitten länger nicht gesehen.

Mein jüngster Sohn hatte mit seiner Lebensgefährtin auszusetzen, wie wir mit den Enkeln umgehen, obwohl wir uns immer strikt an ihre Regeln gehalten haben. Meine Enkelin ist sehr sensibel und hat nie gemacht, so wie man wollte, was aus meiner heutigen Sicht auch okay ist. Dadurch konnten wir unsere Enkel auch fast ein ganzes Jahr nicht sehen. Das hat mich sehr traurig gemacht und ich habe oft geweint. Ich habe dann viel Entspannungsübungen und Yoga Nidra gemacht. Irgendwann hat sich das wieder eingerenkt.Als mein Sohn dann seine Lebensgefährtin nach langer reiflicher Überlegung verlassen hat, da das Verhältnis einfach nicht mehr gut war, hat er sich auch von uns abgewendet, weil er dachte, wir halten zu ihr und nicht zu ihm. So ist dann auch wieder fast ein Jahr vergangen, bis ich ihn dann mal vor der Schule traf, wo er arbeitet und meine Enkelin zur Schule geht. Seitdem hat sich das wieder verändert und wir konnten über alles reden. Unser Verhältnis ist jetzt wieder gut. Diesmal jedoch habe ich mir gesagt, ich werde niemanden hinterher laufen. Ich lasse einfach los, was ich schon Jahre vorher begonnen hatte. Ich habe losgelassen von all den Vorstellungen, wie jemand sein sollte oder wie irgendwas ablaufen sollte. Es ist mir einfach damit besser gegangen. Heute habe ich ein gutes Verhältnis zu meinem jüngsten Sohn und auch zu meiner Ex-Schwiegertochter. Sie ist mir wie eigene Tochter.

Mit meinem ältesten Sohn habe ich sehr wenig Kontakt. Er hat immer angerufen, wenn irgendwas war. Manchmal hat er uns auch besucht, aber sehr selten. Jetzt, wo mein Mann ins Krankenhaus mit einer Lungenentzündung kam und ich ihn dann informierte, hat er mich fertig machen wollen, warum wir uns nicht haben impfen lassen, dann wäre das ganze nicht passiert. Ich bin da ganz ruhig geblieben und es ist einfach von mir abgeprallt. Ich habe ihm gesagt, dass jeder seine Meinung haben darf und wir haben eben diese. Er hat sich aber sehr schnell wieder eingekriegt.

So ist es mit den Kindern. Bei mir ist jeder verschieden und so soll es ja auch sein.

Ich bin der Meinung, jeder darf sein Leben leben und was ich gelernt habe, jeder muss zuerst gut für sich selbst sorgen, damit er anderen was abgeben kann. Das haben wir aber als Mütter nicht gelernt. Das hat uns doch niemand gesagt. Man soll doch einfach immer nur funktionieren.

Na klar, haben wir ein Recht auf ein eigenes Leben, was wir viel zu lange vernachlässigt haben. Wenn ich so an meine Eltern denke, als die Rentner wurden, konnten sie nicht viel mit sich anfangen.

Ich habe auch so viele Interessen, denen ich nachgehen will. Wenn man alles in einem guten Gleichgewicht hält, kann das mit der Familie auch klappen.

Du stehst also nicht alleine da mit deinem Problem. Es gibt bestimmt viele Familien, wo nicht alles so ist, wie man sich das wünscht. Ich finde auch Ehrlichkeit sehr wichtig. Davon gehe ich nicht mehr ab.

Die Kinder müssen selbst erkennen, was sie an ihren Eltern haben, manche früher und manche später. Ich hatte als Kind immer das Gefühl, zu wenig Liebe zu bekommen, weil wir ja fünf Kinder waren und unsere Eltern überhaupt nicht so viel Zeit für uns hatten. Sie haben uns geliebt und haben das gegeben, was sie konnten. Das weiß ich ganz genau. Ich habe auch allen vergeben und gebeten, dass alle mir vergeben, wenn ich ihnen was getan habe. Das ist für mich auch ganz wichtig, damit ich in Frieden weiter leben kann. Ich habe ja auch nicht alles richtig gemacht oder wie ich immer sage, wir alle machen unsere Erfahrungen. deshalb sind wir doch hier auf dieser Erde, darum geht es doch.

 Herzliche Grüße Elke

Liebe Elke,

wow, ich danke dir für deine Ehrlichkeit. Ich dachte schon, ich bin das einzige Mutter-Monster, das Probleme mit ihrem Kind hat. Es sind so viele Dinge passiert, die leider wie ein Stachel im Fleisch stecken und immer wieder schmerzen. Wenn das eigene Kind bei einer Begrüßung körperlich ausweichen will, indem es ostentativ einen Schritt nach hinten geht oder in einem Telefonat Sätze sagt, wie: Du trampelst auf mir rum, während ich schon am Boden liege - dann kommt der Punkt, wo man sich als Monster fühlt, an dem ja etwas Aussätziges dran zu sein scheint.

Leider hat auch der letzte Besuch nach dem Tod meiner Mama keine Annäherung, sondern weitere Vorwürfe gebracht, weil wir nach ihrer Meinung meine Mama hätten 24h am Tag die Hand halten sollen in den letzten 10 Tagen ihres Lebens. Sie hätte das gemacht und das wäre meine Pflicht als Tochter gewesen.

Achim, mein Mann und ich hatten zu der Zeit selbst sehr heftig Corona, es ging uns schlecht und wir haben uns so gut es ging abgewechselt, die Mama zu betreuen, mehr ging halt nicht.

Achim versucht zwar, zu vermitteln, kommt aber auch nicht an sie heran im Moment. Ich habe immer den Eindruck, dass sie sich vollkommen im Recht sieht und wenn man in einem Gespräch auf alte Verletzungen eingehen möchte, die aus meiner Sicht auch mal ausgesprochen werden müssen, denn nur dann kann man sie loslassen, dann holt man alte Kamellen vor und anscheinend ja solche, die nicht mal wahr sind, weil sie sie verdrängt hat. Damit ist es schwer, Dinge wirklich mal aufzuarbeiten.

Im Moment bin ich ziemlich ratlos. Zeit heilt alle Wunden, wie man so schön sagt. Bei uns scheint die Zeit eher gegen uns zu arbeiten. Und für die beiden Enkelmädchen tut es mir besonders leid. Meine Tochter schrieb in einer der letzten Nachrichten an meinen Mann, mit dem sie ja noch Kontakt pflegt: Die Zeit des Aufwachsens kommt nicht wieder. Ja, das ist wohl richtig. Aber nicht nur die Zeit des Aufwachsens, auch unsere Zeit als Vater-Mutter und Tochter. Keine Zeit kommt wieder und die Verletzungen bleiben eben leider auch.

Liebe Grüße Sylvia

Liebe Sylvi,

manchmal frage ich mich, warum wir uns das Leben so schwer machen müssen. Eigentlich sollte doch alles ganz leicht und einfach sein. Aus meiner Sicht ist das Verhalten deiner Tochter ein Schrei nach Liebe.

Was wollen wir denn noch aus der Vergangenheit aufarbeiten? Wir können anerkennen, dass es so war wie es war und das ist für mich loslassen.

Na klar habe ich viele Fehler gemacht, was nützt es mir heute noch, wenn ich mit der Vergangenheit hadere. Gar nichts! Manche Menschen kommen auch nicht aus ihrem Kopfkino und ihrer Gedankenschleife heraus. Man sieht nur mit dem Herzen gut, steht in dem Buch Der kleine Prinz geschrieben. So halte ich es jedenfalls. Was ich noch herausgefunden habe: ich kann nur mich selbst ändern und meine Sicht auf die Dinge niemals den anderen.

Du und ich stehen da nicht alleine mit diesen Herausforderungen. Ich kenne da noch jemanden, die mir geschrieben hat, sie war keine gute Mutter. Und das stimmt so nicht. Wir haben immer alle unser Bestes gegeben, was uns möglich war.

Alles wiederholt sich, wenn wir das Muster nicht durchbrechen. Du kriegst alles so lange vorgesetzt, bist du es erkannt hast. Das habe ich alles durch.

Du kannst nur selbst was für dich tun, so sehe ich das jedenfalls. Jeder kann seine Verletzungen nur selbst heilen.

Schade ist nur, dass die Enkelkinder darunter leiden, sie haben ja nichts dazu beigetragen, dass es jetzt so ist.

Das mit dem Recht haben ist auch so ein Ding. Jeder hat auf seine Weise recht, es ist ja seine Sicht der Dinge und wir haben dann wieder eine andere Sicht der Dinge. Wenn man das akzeptiert, ist man schon ein ganzes Stück weiter. Jeder lebt ja in seiner Blase, so wie ich es nenne.

Was wir können, ist, unser Herz öffnen und allen, die wir lieben, ganz viel Liebe geben.

Wir leben gerade in herausfordernden Zeiten, wo alles an die Oberfläche kommt auch aus unserem Inneren. Ich nehme alles an, was an Gefühlen und Emotionen zu mir kommt und heiße sie will kommen und sage mir dann, ihr dürft so lange bei mir bleiben, wie ihr wollt. Meistens gehen sie ziemlich schnell wieder. Einiges dauert dann aber auch schon einen Tag oder zwei.

Ich wünsche dir, dass auch für dich alles wieder gut und besser wird. Ich kann sehr gut nachvollziehen, wie du dich jetzt fühlst.

Ich habe in diesen zwei Corona Jahren auch die Einsamkeit gesucht, weil mich keiner so richtig verstanden hat. Das wisst ihr ja auch. Meine Familie hat mich dann auch in Ruhe gelassen. Jetzt, wo ist meinen Mann so hart getroffen hat, hält die Familie dann doch wieder zusammen. Daran erkenne ich, meine Eltern haben alles richtig gemacht. Und dafür bin ich Ihnen sehr dankbar.

Herzliche Grüße Elke

Liebe Elke,

es gibt am Anfang eine gute Nachricht, meine Tochter verfolgt die Entwicklung dieser Seite hier, sie hat auch diese Beiträge gelesen. Also haben wir hier sogar eine Kommunikationsmöglichkeit, die wir sonst ja nicht zu haben scheinen. Ich habe nicht gut geschlafen, weil mich die ganzen Dinge sehr belasten. Leider hat es nun mein Mann abbekommen und er wurde aufgefordert, ihre Nachrichten nicht an mich weiterzuleiten. Aber sie ist doch unser Kind und damit auch Teil unserer Gespräche. Achim kommt damit in einen Loyalitätskonflikt, er möchte auf der einen Seite den Kontakt zu ihr nicht auch noch verlieren, aber den zu mir eben auch nicht.

Auch wenn wir seit 8 Monaten getrennt leben, werden wir immer verbunden sein, wir haben 50 gemeinsame Jahre verbracht, für die ich sehr dankbar bin. Wir haben unser Wunschkind zusammen bekommen, es aufwachsen sehen. Wir haben ein Haus zusammen gebaut und am Leben erhalten. Er hat mich nie betrogen oder hintergangen. Trotzdem sind wir sehr unterschiedliche Menschen und hätten wahrscheinlich nie heiraten dürfen. Aber ich war 17 damals, als wir uns kennenlernten und eher geschmeichelt vom Interesse eines 22-Jährigen und nicht fähig, zu durchschauen, wer wir wirklich sind und noch weniger fähig, zu durchschauen, wohin wir uns mal entwickeln würden. Und ich habe die Fehler meiner Mutter wiederholt, wie sich ja die Fehler von Generationen immer wieder zu wiederholen scheinen.

Die Liebe und die Dankbarkeit bleiben, auch wenn ich heute anders gewählt habe und mit Dani zusammenlebe. Diese Entscheidung habe ich mir nicht leicht gemacht und es war auch mit Achim ein Prozess der Aufarbeitung mit vielen Gesprächen, der sich über einen Zeitraum von mehr als 2 Jahren hingezogen hat. Wir haben es gelernt, eine ehrliche und wertschätzende Kommunikation aufzubauen, die Dinge zwar zu benennen, aber den anderen so sein zu lassen, wie er nun mal ist.

Ich erinnere mich an meine Gefühle, als mein Vater meine Mutter verlassen hat, für ein Mädchen, das jünger war als ich. Ich war wütend, enttäuscht. Die Ehe meiner Eltern schien mir harmonisch zu sein, es gab wenig Streit, Vorlesen, gemeinsame Urlaube, Spaziergänge. Meine Mutter hat alles gewuppt, meinen Vater in Watte gepackt und alles von ihm ferngehalten. So tut das eben eine gute Frau. Aber sie hat meinen Vater damit zum Hanswurst gemacht, der sich seine Bestätigung dann halt woanders gesucht hat.

Meine Tochter erlebt nun das Gleiche. Mama verlässt Papa für eine Frau, die jünger ist als sie selbst. Und sie versteht es nicht, wo doch die Ehe ihrer Eltern so harmonisch war. Es gibt nur einen kleinen Unterschied, ich war 17, als mein Vater ging und wir lebten als Familie zusammen, meine Tochter war erwachsen und selbst Mutter zweier Kinder und lebte sein mehr als 20 Jahren nicht mehr bei uns. Die Beziehung der Eltern kann man ohnehin wohl sehr schwer als Kind beurteilen, man sieht ja nur die Dinge, die einen selbst betreffen und wenn man nicht fragt, wie Mama oder Papa sich fühlen, noch weniger.

Die Frage für jede Beziehung mit anderen Menschen ist, was trägt der andere zum eigenen Leben bei. Jeder von uns strebt nach Wachstum und Weiterentwicklung, nach Lernen und Reifen. Vielleicht hört sich das jetzt egoistisch an, aber wenn wir ehrlich sind, ist das die Wahrheit. Wir suchen uns Freunde, weil wir uns austauschen wollen, weil wir als Menschen in unserer Einzigartigkeit gesehen und angenommen werden wollen. Es braucht ein Gleichgewicht, auch wenn das nicht in jedem Moment bestehen muss. Wenn dieses Gleichgewicht nicht gegeben ist, dann wird eine Beziehung auf Dauer auch keinen Bestand haben.

Unsere Beziehung zu unseren Kindern ist eine andere. Es beginnt ja damit, dass sich jedes Kind seine Familie aussucht, nicht umgekehrt. Das Kind inkarniert in eine Familie, um dort zu wachsen und zu lernen. Schlechte Eltern gehabt? Nicht beschweren, da dann schlechte Wahl getroffen als Lernaufgabe in diesem Leben.

Die Beziehung zu unseren Kindern ist durch Liebe und Fürsorge geprägt und im Gleichgewicht ist es, wenn wir diese Liebe und Fürsorge auch empfangen. Es ist wichtig, dass wir uns gegenseitig diese Liebe und Fürsorge auch zeigen.

Mit unseren Entscheidungen greifen wir in das Leben anderer Menschen ein, sofern sie davon betroffen sind. Und wir fühlen uns oft schuldig dafür. So wie ich mich Achim gegenüber schuldig fühle, weil ich mich für die Trennung entschieden habe. Was für den einen stimmt, muss für den anderen überhaupt nicht stimmen. Aber am Ende ist jeder von uns auch zur Selbstfürsorge verpflichtet, sonst wird er sich eines Tages als Opfer fühlen und den anderen, wo das Gleichgewicht nicht mehr bestanden hat, dafür verantwortlich machen. Wenn dann Liebe da ist und Dankbarkeit, dann wird man trotzdem für den anderen da sein. Zum Leben beitragen, sei es mit gemeinsamer Kaffee- und Gesprächszeit, geteilten Erlebnissen oder spontaner Unterstützung. Baum kracht am Sonnabend auf den Bungalow und zerstört Dach - Dani und ich sind am Sonntag zur Stelle und wir fahren zu dritt dort hin und reparieren. Das ist beitragen und für den anderen da sein. Aber das ist auch nur möglich, weil Achim die Tatsache, dass ich mit Dani lebe und es für mich so besser ist, angenommen hat. Begeisterung erwartet keiner.

Was wäre gewesen, wenn er gesagt hätte, du kannst ja gerne kommen, aber nur ohne Dani? Ich wäre auch nicht gefahren, es gäbe sehr sehr wenig Kontakt und der am meisten Leidtragende wäre doch er selbst. Menschen in Loyalitätskonflikte zu bringen, geht meistens nach hinten los.

Heute Nacht ist mir klar geworden, dass gar nicht meine Beziehung zu Dani die Ursache für den derzeitigen Kommunikationsabbruch ist, sondern dass wir 2017 ja schon einmal ein mehrmonatiges Schweigen hatten. Da spielte Dani noch gar keine Rolle. Eigentlich ging es immer um das Thema "vom anderen gesehen werden", wohl von beiden Seiten.

Jeder von uns neigt dazu, seine Verletzungen aus der Vergangenheit nicht loslassen zu können und immer wieder hervorzuholen. Das ist mir auch klar geworden, als ich den Brief an meine Tochter aus 2017, der unser Schweigen beenden sollte, nochmal gelesen habe, ebenso wie ihre Antwort darauf. Wir nehmen uns da wohl beide nicht viel. Nur bin ich ja wohl die Ältere und die ...?

Meine Mama sprach dann immer, lass uns doch einen dicken Strich machen und alles vergessen, was gewesen ist und neu anfangen. Meine Tochter schrieb, sie will keinen Burgfrieden. Aber vielleicht ist ein Burgfrieden erst mal überhaupt ein Frieden und es kann etwas Gutes daraus entstehen und Vertrauen wieder aufgebaut werden.

Liebe Grüße Sylvia

Liebe Sylvi,

niemand weiß am Anfang seines Lebens, wo er am Ende stehen oder wohin sein Weg in führen wird.

Das ist das wahre Leben, was wir alle erfahren und durchleben dürfen. Da gibt es kein richtig und kein falsch. Alles sind unsere Erfahrungen, die wir machen dürfen, die uns dorthin geführt haben, wo wir jetzt sind.

Ja, der geht hat es leichter, als der, der zurückbleibt. Diese Erfahrung durfte ich in jungen Jahren machen, als mein Exmann mich mit zwei kleinen Kindern alleine ließ. Er kam einfach nicht mehr nach Hause. Da ist für mich eine Welt zusammengebrochen und ich wollte nicht mehr leben. Wir waren viel zu jung um zu heiraten. Ich war 19 und er war 20 Jahre alt. Mit 16 habe ich ihn kennengelernt. Und mit 23 stand ich dann alleine da. Dank meiner Familie habe ich das alles gut überstanden.

Ich hatte dann das Glück ein halbes Jahr später meinen Manni kennenzulernen. Er war mein Kollege. Auf einem Wochenendausflug machte er mir dann einen Antrag, ob wir es mal zusammen versuchen wollen. Und er wolle mit mir alt werden. Heute denke ich, ich möchte mit ihm jung bleiben, denn ich liebe ihn so sehr. In unserer Beziehung gab es Aufs und Abs. Wir haben aber immer zusammengehalten. Meistens haben wir uns wegen der Kinder gestritten und nicht wegen uns. Wir haben unseren Kindern keine heile Welt vorgespielt, sondern das wahre Leben. Ich hatte auch viel zu wenig Zeit, mich intensiv mit meinen Kindern zu beschäftigen. Es blieb ja immer nur das Wochenende und da war braten backen bohnern angesagt. Schöne Urlaube haben wir natürlich auch mit unseren Kindern erlebt beim Wandern, am Strand und in den Bergen.

Ja, was wissen wir schon von unseren Eltern. Heute denke ich mir so, hätte ich noch mehr gefragt und nachgehakt. Meine Eltern sind Flüchtlinge aus Vorpommern und Ostpreußen und mein Vater durfte mit 17 Jahren in den Krieg ziehen, wo er schreckliche Dinge gesehen hat. Trotz alledem waren sie für uns gute Eltern haben immer für uns gesorgt. Auch hatte ich immer das Glück in der Nähe meiner Eltern zu wohnen. Meine erste Wohnung bekam ich in der Straße, wo meine Eltern wohnten, also unweit von ihnen. Dann zog ich ins Neubaugebiet und ein halbes Jahr später zogen sie in die selbe Straße. Das kann doch kein Zufall sein. Meine Geschwister haben immer zu mir gesagt, du hast die Eltern am meisten gebraucht. Da gebe ich Ihnen recht. Ich hatte auch Meinungsverschiedenheiten mit meinen Eltern. Jedoch ist dann mein Vater am nächsten Tag zu mir gekommen und alles war wieder gut. So hätte ich mir das gerne auch bei meinen Kindern gewünscht. Hat aber leider nicht funktioniert.

Für mich ist die gegenseitige Liebe in meiner Beziehung sehr wichtig. Wir sind jetzt auch schon über 41 Jahre zusammen. Ohne Liebe möchte ich nicht mit jemanden zusammen leben und schon gar aus Gewohnheit.

Geh, wohin dein Weg dich führt, ist auch ein Buch, was mich vor Jahren sehr beeindruckt hat. Das hat eine Großmutter ihrer Enkelin geraten. Wir wissen alle nicht, wo unser Weg uns hinführt und schon gar nicht in jungen Jahren. Wir stehen jetzt da wo wir sind, weil wir das alles durchgemacht haben. Du hast es dir sicherlich nicht leicht gemacht mit deiner Entscheidung, das spüre ich. Ich weiß, dass Dani und du von Anfang an sehr gut harmoniert habt und ihr Zwillingsseelen seid. Unser Leben besteht nicht nur aus Arbeit und Pflichten, die haben wir alle erfüllt. Nun, wo wir genügend Zeit haben, wollen wir das, was uns erfüllt. Und mit Dani bist du doch voll im Einklang. Du hast das Muster deiner Ahnen durchbrochen. Sie werden es dir danken.

Deine Tochter kann es vielleicht noch nicht akzeptieren, dass ihre Mutter jetzt mit einer Frau zusammenlebt. Die heile Welt gibt es vielleicht nur in unseren Träumen, wenn überhaupt. Du hattest den Mut, das richtige für dich zu tun, um in deiner Entwicklung weiterzukommen.

Das ganze Leben ist Veränderung und weder du noch ich noch jemand anderes weiß, was das Leben uns noch bringt.

Das Leben kann so einfach sein, wenn wir es nicht so verkomplizieren würden. Es ist das Ego, was immer alles will oder auch nicht will, nicht unser Herz. Das will nämlich immer nur Liebe. Wir sollten alle auf unsere Herzen hören, dann würde es uns besser gehen.

Als ich deine Zeilen gelesen habe, dachte ich, das liest sich ja wie in einem Roman. Und doch ist es das wahre Leben.

Deine Tochter fühlt sich vielleicht verletzt, jedoch ist es ihr Gefühl und nicht deins.

Meine Tochter wollte trotz all unserer Querelen niemals, dass ihre Tochter ohne Oma und Opa aufwächst. Das war und ist ihr immer wichtig.

Auch bei euch werden sich die die Wogen früher oder später glätten. Blut ist dicker als Wasser und Familie ist Familie.

Gegenseitige Vorhaltungen bringen gar nichts, das weiß ich aus eigener Erfahrung. Das eine Wort gibt das andere und bei uns ist es dann soweit gegangen, dass ich dann überhaupt nicht mehr da rauskam. Sowas will ich nicht noch mal erleben und deshalb habe ich auch vor Jahren mit dem Loslassen begonnen. Ich hab dir schon mal geschrieben, dass wir alle nur an uns selbst arbeiten können.

Dani und dir wünsche ich ganz viel Gutes! Auch deinem Mann und deiner Tochter und deiner gesamten Familie wünsche ich, dass ihr bald wieder ein gutes Verhältnis miteinander habt.

Herzliche Grüße Elke

Liebe Elke,

da hast du es ja auch nicht leicht gehabt und kennst die Verletzung des Verlassenwerdens. Es ist toll, dass du so eine große Liebe noch finden durftest, die so lange gehalten hat und hoffentlich weiter hält.

Ich habe viel nachgedacht, gerade über das Thema, warum es mir so schwerfällt, die Vergangenheit loszulassen und ich in meinen Kränkungen stecken bleibe. Und wir haben uns in den letzten Tagen einige Videos auf dem Grator-Kanal angeschaut, unter anderem das von Damain Richter: https://www.youtube.com/watch?v=5r-l9PhPQ-M. Er bringt es sehr gut auf den Punkt. Die Vergangenheit ist vorbei. Und wenn wir heute an die Dinge in der Vergangenheit denken, dann sind wir nie mehr die Menschen, die wir damals waren, wir haben veränderte Körper und auch einen anderen Geist.

Wo wollen wir denn hin? Wir wollen harmonische Beziehungen und wir wollen angenommen sein. Jeder von uns will gesehen werden in seiner Einzigartigkeit. Niemand möchte dafür bewertet werden. Jeder hat das Recht auf seine eigenen Ansichten zum Leben, sowohl wir als auch unsere Kinder. Der erste Schritt ist, sich das gegenseitig zuzugestehen, keine Vorhaltungen zu machen.

Aber dazu müssen auch beide bereit sein, wir als Eltern und unsere Kinder.

Liebe Grüße Sylvia